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Roadtrip im Balkan

Nach meiner Zeit in Făgăraș hat ein neuer Reiseabschnitt begonnen: Gemeinsam mit Jana ging der Roadtrip weiter über den Transfăgărășan-Pass, über Sibiu (Hermannstadt) und Hunedoara (Eisenmarkt) in Rumänien, den Đerdap Nationalpark und Novi Pazar in Serbien bis nach Montenegro.


Info: Sibiu wird auch Hermannstadt und Hunedoara Eisenmarkt genannt, weil es historisch gesehen in Rumänien lange einen starken Einfluss deutscher Bevölkerungsgruppen gab und noch immer gibt. Die zwei größten Gruppen der sogenannten Rumäniendeutschen waren die Siebenbürgen-Sachsen und Banater Schwaben, die bis zum Ende der Sowjetunion präsent und weit vertreten waren.


Rumänien verabschiedete uns, wie ich es hier so oft erlebt habe, lautstark:

"Ich fürchte: Ein ordentliches Sommergewitter zieht auf. Mit einer 'extremen Warnung' auf dem Handy bekomme ich diese Ahnung bestätigt, allerdings sitze ich zu dieser Zeit schon in einem Café und sehe hinaus in den Regen, während ich mich frage, ob Fred wohl auch mit Dachaufbau ein Faraday'scher Käfig ist. Über diesem Ort blitzt und donnert es, wie ich es noch nicht erlebt habe." (Tagebuch, 27.06.23)

Auch die Fahrt durch Serbien war nicht immer optimal. Die romantische Vorstellung von Roadtrips im Van, von viel Musik und durchgehend guter Laune, bestätigt sich nicht immer:

"Wir sind auf der serbischen Seite vom Đerdap Nationalpark. Als die dritte Plastikflasche an uns vorbeitreibt merke ich, dass es hier bedeutend schmutziger geworden ist in den letzten beiden Jahren, aber davon abgesehen, hat die Landschaft kaum an Charme verloren. Vor unserer Weiterfahrt in das serbische Bergland nutze ich das rumänische Netz an der Grenze zum Arbeiten und merke, wie so eine Menge Stress von mir abfällt. Neben meinen regelmäßigen Aufgaben stapeln sich derzeit meine To-Dos und ich weiß gar nicht genau, wann ich dazu kommen soll, denn es folgt ein Fahrtag von über 10 Stunden, in denen ich mich selbst mit den intelligentesten und tiefgehendsten Podcasts nicht glauben lassen kann, etwas Sinnvolles getan zu haben. Zwar fahren wir durch tolle Landschaften in Serbiens Süden und gönnen uns Cevapi mit Kaymak unterwegs, aber als wir in Novi Pazar ankommen, habe ich einfach keinen Bock mehr zu fahren. Es ist mittlerweile dunkel, vor dem Lidl trete ich in einen Hundehaufen und anschließend ist die Zufahrt zu unserem auserkorenen Stellplatz zu, also bleiben wir in einer Parkbucht davor stehen. Im morgendlichen Licht des nächsten Tages stellt sich diese als inoffizielle Müllhalde heraus. Auf der nächstgelegenen Anhöhe liegt außerdem ein totes Schaf. Ich bin also erstaunlich froh, als der Motor wieder läuft " (Tagebuch, 27.06.23)

Serbien sollte uns aber auch positiv überraschen, denn bei einer Straßensperrung unterwegs nach Montenegro haben uns viele, hilfsbereite Menschen mit wirklich guten Deutschkenntnissen weitergeholfen, sodass wir die Umgehung im Autokorso durch die Berge gefahren sind. Sie haben dabei sogar einen Umweg für uns gemacht, uns eine Übernachtung bei sich angeboten und schließlich eine gute Reise gewünscht. Einmal mehr war ich beeindruckt von den Menschen in diesen Gegenden, die sich zwischen Schlaglöchern und offenen Müllverbrennungsanlagen ein unglaubliches Maß an Herzlichkeit bewahren.



In Montenegro angekommen, war Plav unser erster Halt: Wir parken am See, schwimmen im eiskalten Wasser und trocknen in der Sonne. Aus einem Zwischenstopp dort wurden zwei Nächte. Und auch Albanien hat mich schließlich die Strapazen des Fahrens mit all den Rückenschmerzen schnell wieder vergessen lassen:


"Der erste Tag in Albanien und wieder weiß ich, warum es mir dieses Land vor zwei Jahren so angetan hat. Die Strecke hinter der Grenze gleicht einem Roadtrip-Märchen: 50 km Passstraße quer durch die Berge, ordentlicher Asphalt, traumhafte Ausblicke und schwindelige Höhen (ohne Spaß, das ging seitlich schon ordentlich bergab). Unterwegs sehen wir Kühe, Schweine, Schafe, Ziegen, Esel und sogar eine Schildkröte auf der Straße und rollen schließlich in einem großen Bogen zur Taleinfahrt in Richtung Theth. Ab hier geht es wieder bergauf, allerdings mit bedeutend engeren Straßen und Gegenverkehr. Knapp anderthalb Stunden schrauben wir uns nach oben und genießen den Ausblick. Ich komme beim Fahren in einen absoluten Flow-Zustand mit Fred, werde eins mit dem Blech und weiß exakt, wo sich meine dünne Karosse befindet, sodass ich mich zwischen den Leitplanken, Bäumen und anderen Autos durchschlängeln kann. Kurz vor Theth helfen wir einer Gruppe Albaner:innen, die wegen eines kaputten Schlauchs gestrandet sind. Nie habe ich lieber ein altes Stück Schlauch und Kabelbinder abgegeben." (Tagebuch, 28.06.23)

Auf meiner Balkanreise 2021 hatte Fred selbst einen Unfall in Albanien, wobei die linke, vordere Seite mit Kotflügel, Seitenspiegel und Scheinwerfer ziemlich mitgenommen war. Was sich erstmal unschön anhört, wurde aber zu einer meiner liebsten Reiseerinnerungen. In der nächsten Werkstatt haben damals drei Jungs das Auto so ausgebessert, dass ich problemlos bis Deutschland gekommen bin: mit einem Brecheisen für das Blech, Zweikomponentenkleber aus Kleber und Zigarettenasche, einer Menge Kabelbinder und einer Stunde Zeit. Schon damals hatte ich dann schnell das Gefühl, dass es eigentlich gar kein Problem gibt. Ein schönes Gefühl, finde ich: Zu lernen, dass die Welt manchmal deutlich einfacher ist, als man sie sich denkt.

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